Der Tüftler aus Disentis

Marcus Berther hatte eine geniale Idee: Wenn man Heu zu Rundballen pressen kann, muss das auch mit Wolle gehen! Heute verwendet Swisswool diese Technik an allen Wollannahmestellen. Wir haben Marcus und seine Frau Georgina in Disentis besucht, wo das Paar 250 Schafe hält.

Alphütte Disentis Aussicht ins Tal Berthers Swisswool

Der Berther-Hof liegt im Bergdorf Segnas oberhalb Disentis im Kanton Graubünden, umgeben von einer traumhaft schönen Bergkulisse. Der Hausherr steht mit weit ausgebreiteten Armen auf seiner Terrasse und grüsst mit einem vergnügten «Bien di!». Drinnen in der Wohnküche riecht es verlockend nach Hirschbolognese, die seine Frau Georgina zubereitet hat. In gerahmten Fotografien, die die Wände des gemütlichen Bauernhauses schmücken, kann man zwei Töchter heranwachsen sehen. Beim Abendessen erzählen Marcus und Georgina Berther lebhaft von ihrem abwechslungsreichen Leben als moderne Schafbauernfamilie.

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Gepresste Wolle spart viel Platz

Georgina und Marcus managen für Swisswool jedes Frühjahr und jeden Herbst die Wollannahme in Disentis und Ilanz. Das Paar gehört zu den Pionieren unter den Schafbauern, die mit Swisswool zusammenarbeiten. In der Gründungszeit tüftelten Marcus und seine Kollegen solange, bis sie mit seiner Rundballenpresse nicht nur Heu, sondern auch Schafschurwolle pressen konnten. Für die Entwicklung von Swisswool ein Meilenstein. Nun konnte man die Wolle viel effizienter transportieren wie zuvor, als die Schafschurwolle, lose in Säcke gestopft, ein Vielfaches an Volumen eingenommen hatte. Das System mit der Rundballenpresse verwendet Swisswool seither an allen 25 Wollannahmestellen in der ganzen Schweiz.

«Mit der Natur und den Tieren zu arbeiten, ist etwas Wunderschönes.»

Marcus Berther

Vom Hobby zum Beruf des Schafbauers

Marcus war schon immer ein Tüftler und hat darum Automechaniker gelernt. Den ganzen Tag in der Werkstatt zu verbringen, wurde ihm jedoch bald zuwider. «Mir fehlte es, draussen zu sein», sagt der heute 57-Jährige. Also ging er nach der Lehre als Forstarbeiter in den Wald. Den Grundstein für Marcus bäuerliches Leben legten seine Eltern, die früher zwanzig Schafe als Hobby hielten. «Die Mutter war die Spezialistin im Stall. Bei den Geburten der Lämmer habe ich viel von ihr gelernt», erinnert er sich. Später übernahm Marcus den elterlichen Betrieb und wurde Schafbauer. Für ihn ein Traumberuf: «Mit der Natur und den Tieren zu arbeiten, ist etwas Wunderschönes.» Marcus ist ein richtiger Naturmensch und passionierter Jäger. Er ist viel in den Bergen unterwegs und verbringt seine spärliche Freizeit am liebsten in seiner Jagdhütte.

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Hände-Detailaufnahme-Jagdgewehr-Swisswool

Mit 20 Schafen ging’s los

Inzwischen kümmern sich Marcus und Georgina um 250 Schafe, bis auf vier Walliser Schwarznasenschafe sind alles Weisse Alpenschafe. Sie halten die Schafe vorwiegend zur Fleischproduktion. Gleich nach dem Alpabtrieb im September sind ungefähr zwei Drittel der Lämmer schlachtreif. Die restlichen Jungtiere dürfen noch ein paar Wochen bei der Hirtin bleiben, bevor auch sie zum Markt gebracht werden.

«Unsere Kunden wissen, wo ihr Fleisch herkommt.»

Marcus Berther

Die Schafe haben ein gutes Leben

«Früher habe ich mehr Mühe gehabt, die Lämmer zum Metzger zu bringen», sagt Marcus. Inzwischen habe er die Gewissheit, seinen Schafen ein gutes Leben gegeben zu haben, ehe sie Teil der Nahrungskette werden. «Unsere Schafhaltung ist sehr nachhaltig, und wir produzieren gute Fleischqualität. Das schätzen auch unsere Kunden, die genau wissen wollen, wo ihr Fleisch herkommt.» Die Schafe sind den ganzen Sommer auf zwei- bis dreitausend Metern unterwegs und fressen nur Kräuter. «Mehr ‹bio› geht nicht», verspricht der Schafbauer.

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Wollverkauf ist kein Geschäft

Zweimal im Jahr werden die Schafe geschoren, im Frühling bevor es auf die Alp geht und im Herbst, wenn sie wieder zurückkommen. Bei den Berthers fallen pro Jahr insgesamt siebenhundert Kilo Schafschurwolle an. Doch ein Geschäft sei der Wollverkauf nicht. «Für die Schur zahlen wir pro Schaf fünf Franken. Mit der Wolle erzielen wir dann vielleicht zwei Franken», erklärt Marcus. «Ein Minusgeschäft, aber viel besser als die Wolle wie früher wegzuwerfen. Denn scheren müssen wir die Schafe so oder so.»

Höheren Anteil der Scherkosten decken

Das Schafbauerpaar schätzt, dass Swisswool immer wieder neue Verwertungswege für die Wolle findet, um der Schweizer Wolle den Wert zu geben, den dieses geniale Naturprodukt verdient. Und die Berthers hoffen, dass auch immer mehr Endkonsumenten diesen Wert anerkennen und Produkte mit Schweizer Wolle kaufen, auch wenn diese teurer als andere sind. In Zukunft einen höheren Anteil der Scherkosten decken zu können, ist das gemeinsame Ziel von Swisswool und den Schweizer Schafbauern.

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Stilleben-Alphuette-Frau-mit-gruenem-Kessel-Feuer-brennt

Im Winter Skilehrer…

Schafbauer zu sein, ist ein harter Beruf. In der Schweiz genügt er zumeist nicht, um ganzjährig davon leben zu können. Auch die Berthers müssen sich um Zusatzverdienste bemühen. Sowohl Marcus als auch Georgina arbeiten im Winter als Skilehrer. Die passionierten Bergsportler tragen mit Überzeugung schafwollisolierte Outdoor-Bekleidung. «Ich fahre den ganzen Winter stolz in meiner Swisswool-Jacke von Ortovox Ski. Kalt ist mir nie, obwohl die Jacke ziemlich dünn ist», erzählt Georgina.

«Ich mag die Abwechslung, aber am liebsten bin ich Schafbäuerin»

Georgina Berther

… im Sommer Gastgeberin

Die Bäuerin mit den wilden, dunkelbraunen Locken liebt den Umgang mit Gästen so sehr, dass sie vor gut zehn Jahren gemeinsam mit ihrer Schwägerin ein Ferienlager oberhalb Disentis gekauft hat. Sobald die Schafe im Sommer auf der Alp sind, beginnt im Sechzig-Betten-Haus die Saison. Schulklassen und Jugendgruppen mieten sich im Wochenrhythmus ein. «Eine schöne Zeit. Aber ich freue mich jedes Mal, wenn der Sommer vorbei ist und ich mich wieder um meine Schafe kümmern kann. Ich mag die Abwechslung, aber am liebsten bin ich Schafbäuerin.»

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Portrait-Marcus-Berther-mit-Schaf-auf-den-Schultern-Swisswool